Konzept

Ausgangssituation

(Quelle: KIM Studie 2014)

    • Die Internetnutzung bei Kindern ist in deutschen Haushalten ist eher rezeptiv geprägt. (KIM Studie 2014, S.35), In Bezug auf die Nutzung mobiler Endgeräte zeichnet sich ein ähnliches Bild ab (KIM Studie 2014, S.44)
    • Je jünger die Kinder um so mehr ist der Fernseher das überwiegend genutzte Medium bei Kindern. Bei Grunschulkindern (zwischen 6 und 9) misst die KIM Studie 2014 eine Medienbindung zum Fernsehen (Kinder werden danach gefragt, auf welches Medium sie am wenigsten verzichten können) von bis zu 80 % (6-7 Jahren) und 72% aller Kinder zwischen 8 und 9 können nicht auf das Fernsehen verzichten.

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  • Das Handy oder Smartphone der Eltern ist in 98 % aller Haushalte zugegen. Ein Tablet wird in 19% aller befragten Haushalte gezählt (KIM Studie, S.8). Die Kinder nutzen Tablets vornehmlich, um zu spielen oder Filme zu schauen (KIM Studie 2014, S.43).
  • Die Eltern sind bei der Nutzung der digitalen Medien wie für alle anderen Lebensbereiche auch, die wichtigsten Vorbilder der Kinder. So fand die KIM Studie 2014 beispielweise heraus, dass die mediale Präferenz der Eltern sich häufig auf ihre Kinder überträgt. (KIM Studie 2014, S.17)
  • Fragt man die Haupterziehenden, sagen 81%, dass sie das Tablet nicht gerne mit ihren Kindern gemeinsam nutzen (-> 63% gar nicht gerne, 18% weniger gerne) (KIM Studie 2014, S.44)
  • Die Zuschreibung zu digitalen Medien sind häufig, trotz ihrer Allgegenwart sehr negativ bis ambivalent: „Macht Kinder zu Stubenhockern“, „Vermittelt den Eindruck vom echten Leben“, „ist wichtig für den Schulerfolg“, „Kinder lernen aus Medien“ (KIM Studie 2014, S.64)

 

Die Allgegenwart der digitalen Geräte und deren Unausweichlichkeit mit zunehmendem Alter der Kinder auf der einen Seite und die häufig sehr negative Konnotation seitens der Eltern führt zu einer großen Unsicherheit im Umgang mit Medien im familiären Umfeld. Das heißt, die Eltern sind sich häufig sicher, dass digitale Medien ihren Kindern mehr schaden als nützen, aber sie wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Die im Internet zu findenden Ratgeber scheinen diese Befürchtung zu verstärken. Ein vielfach angewendeter Ausweg aus dem Dilemma ist deshalb die Nutzung digitaler Medien zu beschränken, bis ganz zu verbieten, zumindest, solange es den Kindern nicht schadet, weil sie ohne Mitgliedschaft in der WhatsApp-Gruppe ausgegrenzt werden.

Das Dilemma hat aber noch eine weitere Dimension: Eltern sind die Vorbilder ihrer Kinder, und leben häufig eine falsche Mediennutzung vor. D.h. sie telefonieren während eines Gesprächs, chatten auf WhatsApp während des Essens oder nutzen die digitalen Medien als Babysitter (Shut up Toys) für ihre Kinder. Das heißt, digitale Medien vereinsamen nicht, sondern, sie werden häufig eingesetzt, um die Kinder alleine zu lassen. Anders als Gesellschaftsspiele, die nur in Gemeinschaft gespielt werden, ist das digitale Gerät Mittel, um Kinder alleine, meist ohne Betreuung durch die Eltern zu beschäftigen.

Ziele

  • Der Medienpraxisabend hat deshalb das Ziel die familiäre Mediennutzungskultur zu thematisieren und anhand praktischer Beispiele um produktive und gestalterische Aspekte zu ergänzen.
  • Die Vorbildfunktion der Eltern soll genutzt werden, um die neu zu erlernende Mediennutzung in die Familie zu transportieren. Die Eltern sollen fit gemacht werden, eine Mediennutzungskultur zu entwickeln, in der man sich nicht von den Kindern abgrenzt, sondern neugrierig und forschend miteinander agiert.
  • Die Unsicherheit der Eltern soll transformiert werden in eine emanzipative Haltung, bei der sich Eltern und Kinder gemeinsam den Herausforderungen stellen.
  • Eltern ebenso wie Pädagogen (Lehrkräfte und Nachmittagsbetreuung) sollen ins Gespräch kommen und ihre Unsicherheiten jenseits von Stereotypen benennen können. Erst im Konkreten kann über den Sinn und Unsinn von digitalen Medien in Kinderhändern befunden werden.
  • Die Schule wird dabei als Lernrort für die Erwachsenen, in der Hoffnung, dass sie ihre Erfahrungen mit den/ihren Kindern teilen.
  • Es ist wichtig, dass die Teilnehmenden (also Eltern und Pädagogen) ihre eigenen Geräte mitbringen. Dort werden im Laufe des Abends die Apps installiert, mit denen dann auch zu Hause mit den Kindern die Medienprojekte umgesetzt werden können.
  • Ganz nebenbei sollen die Lehrenden mit Ideen beliefert werden, digitale Medien in ihren Unterricht zu integrieren.
  • Eltern und Pädagogen sollen die Faszination kennenlernen, die von der Präsentation eines erstellten Produkts ausgeht. Dazu wird es wichtig sein zu verstehen, warum es manchmal wichtig sein kann, länger als eine halbe Stunde pro Tag mit digitalen Medien zu verbringen.
  • Die präsentierten Beispiele sollen einfach mit den in Kinderzimmern vorliegenden Möglichkeiten umgesetzt werden können.
  • Sie sollen ihren Kindern zeigen, was die digitale Welt bereithält und dabei nicht mit WhatsApp und anderen Gated Communities beginnen, sondern ihre Fantasie entfesseln und sichtbar machen.

Konzept/Ablauf

Start

Ein Medienpraxisabend soll fernab von Vorträgen, Elternabenden und Beratungsangeboten geschehen. Die Organisator_innen des Elternabends ermutigen zu Beginn die Eltern und Pädagogen die Geräte anzufassen und gemeinsam konkrete Projekte umzusetzen. Ausser der Erklärung zum Ablauf des Abends und der Einführung an den Stationen vor Ort gibt es keinen Vortrag. Das Format will deshalb nicht mit Expert_innen arbeiten, sondern explizit, einen Austausch auf Augenhöhe ermöglichen. Es ist die praktische Arbeit in Kleingruppen an den Stationen, die die Teilnehmenden in Gespräche verwickelt und deutlich macht, dass die Erstellung eines Films oder eines Hörspiels nicht aussergewöhnlich komplex ist.

Die Stationen

Es werden mehrere Stationen vorbereitet an denen unterschiedliche Techniken/Medien erprobt werden können. Allen Stationen ist gemein, dass dort aktiv und ergebnisorientiert gearbeitet wird. Die Techniken und Medien unterscheiden sich hierbei und, so weit möglich, sollen die Inhalte von den Teilnehmern selbst gewählt werden können.

Die Atmosphäre soll eher einer Party als einem Vortragsabend ähneln. Gemütliche Sofaecken mit Snacks und Getränken bieten eine ideale Anlaufstelle für den informellen Austausch. An den Stationen liegt bereits vorbereitetes Material für verschiedene Aufgaben aus. Hier sollten möglichst Materialien zum Einsatz kommen die in den Haushalten ohnehin zur Verfügung stehen (z.B. Smartphone, Tablet) oder leicht zu beschaffen sind (z.B. MakeyMakey, RaspberryPi).

Typische Stationen sind:

  • Stop-Motion Videos
  • Hörspielproduktion
  • Geocaching
  • Basteln mit MakeyMakey und/oder RaspberryPi)
  • Bürstenroboter
  • App-Contest

Abschluss

Ein angeschlossener, informeller Austausch und eine Reflexion haben sich bewährt und ermöglichen den Austausch aller Veranstaltungsteilnehmer, um zu überlegen welche Erfahrungen und Eindrücke den Teilnehmenden besonders wichtig waren, wie ein Transfer in die Familie möglich ist und welche Veränderungen an der Veranstaltung vorgenommen werden könnten.

Die Bereitstellung von Begleitmaterialien sollte idealerweise bereits während der Veranstaltung zu den jeweiligen Stationen erfolgen und durch einen Bericht mit Photos, Videos und Information zu den Stationen abgerundet werden.

Ein Medienpraxisabend dauert ca. 1,5 – 2,5 h. Der Beginn hat sich mit 19:30 Uhr als ideal erwiesen. Ein lang angekündigter Freitag Abend ermöglicht es vielen Eltern dabei sein zu können.

Die gemeinsame Nutzung digitaler Medien ermöglicht sowohl den Eltern zu verstehen, wie ihre Kinder Medien nutzen, als auch den Kindern, ihre Eltern als positive Vorbilder bei der Nutzung digitaler Medien wahrzunehmen. Mit zunehmendem Alter der Kinder verlieren Eltern diese Vorbildfunktion (Siehe JIM Studie 2015).

Der Ablauf eines Medien-Praxis-Abends wie er hier vorgestellt wird, soll inhaltlich und strukturell eine Vorbildfunktion für die gemeinsame Mediennutzung im Familienkreis haben.

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